Wenn 3D-Druck das Leben besser macht
Das Berliner Start-up LAEMON hat mit PROTIQ das erste IoT-fähige Schmuckarmband entwickelt
Februar 01, 2024 | Lesedauer: 10 min
Wir leben in einer Welt, in der sich Menschen oft unsicher fühlen, wenn sie auf der Straße unterwegs sind (vor allem nachts). Dies war die Motivation für die Gründer von Not Just A Jewel, eine Lösung zur gewaltfreien Selbstverteidigung zu entwickeln
Selbstverteidigung mit dem ersten IoT-fähigen Schmuckarmband
Susana Gomez, Mitbegründerin und Geschäftsführerin von Not Just a Jewel, erklärt: "Wir wollten den Menschen ein Stück persönliche Freiheit im Alltag zurückgeben." So entstand LAEMON, das erste IoT-fähige Schmuckarmband, das in der Lage ist, Alarm zu schlagen, wenn eine Situation es erfordert. Es integriert einen lauten Alarm zur Abschreckung bei drohenden Angriffen sowie einen stillen Alarm, mit dem Notfallkontakte über den Standort des Trägers informiert werden können. Das Berliner Start-up entwickelte sein Produkt mit PROTIQ, einem Mitglied des EOS Contract Manufacturing Network für 3D-Druck. Die Entwicklung vom Prototyp über die Material- und Farbauswahl bis hin zur Realisierung der ersten Produktchargen war nur dank der additiven Fertigung wirtschaftlich machbar.
Ein Schmuckarmband, das ziemlich clever ist: Was ist in LAEMON drin?
Normalerweise kann eine Person immer über ihr Handy erreicht oder mit Hilfe von Ortungsfunktionen geortet werden, wenn sie unterwegs ist. In bedrohlichen Situationen ist dies jedoch möglicherweise nicht möglich, da ein Angreifer das Telefon leicht wegnehmen könnte. LAEMON verfügt im Kern über eine Ortungsfunktion, die völlig unabhängig vom Mobiltelefon funktioniert, indem sie Notfallkontakte informiert oder eine 24/7-Notrufzentrale mit einem Hilfegesuch benachrichtigt. Möglich wird dies durch einen stillen Alarm, der per Knopfdruck aktiviert werden kann. Das Gerät verfügt auch über einen lauten Alarm, der durch Ziehen einer kleinen Kette aktiviert werden kann, um einen potenziellen Angreifer abzuschrecken. "Für uns war es wichtig, dass der Alarm in einem Moment der Panik oder wenn das Opfer kurz davor ist, das Bewusstsein zu verlieren, einfach ausgelöst werden kann", erklärt Gomez.
Die technische Lösung von LAEMON besteht aus einer GPS- und einer Bluetooth-Antenne und enthält eine eSIM, die NB IoT-fähig ist, d. h. sie nutzt die Mobiltelefonie im Internet der Dinge. Die eSIM überträgt die Daten über das LTE-Netz. Wenn LTE nicht verfügbar ist, wird ein zweites Frequenzband als Ausweichmöglichkeit genutzt. Über eine App (Android und iOS) können Nutzer bis zu drei Notfallkontakte verwalten. Über die App lässt sich auch eine Notrufzentrale aktivieren, die von Partnern in der jeweiligen Region betrieben wird. "Wir freuen uns, dass wir bald marktreif sind", sagt Gomez, "PROTIQ ist für uns ein wichtiger Partner auf unserem Weg, und wir haben noch einiges gemeinsam vor uns." Denn ohne den 3D-Druck und die Existenz eines kompetenten Dienstleisters wie PROTIQ wäre LAEMON nie so weit gekommen.
Ein Blick auf den Entwicklungsprozess von Prototypen: Zeitdruck, Materialauswahl und Farbgebung
Irgendwann zwischen Weihnachten und Silvester 2022 wurden die 3D-Druck-Spezialisten aus Blomberg (Nordrhein-Westfalen) auf das LAEMON-Konzept aufmerksam. Vertriebsleiter Stefan de Groot erinnert sich noch gut daran: "Als Susana Gomez auf mich zukam und das Produkt vorstellte, wussten wir sofort, dass wir es nehmen würden, denn es war klar, dass LAEMON einen unglaublich hohen emotionalen Wert hat. Da der Plan war, die Prototypen auf der Fashion Week Mitte Januar zu präsentieren, war der Zeitplan allerdings ziemlich eng." Die 3D-Daten lagen zwar vor, aber die Materialauswahl war noch völlig unklar. Die Erwartung von Not Just A Jewel war, dass vier oder fünf Versuche ausreichen würden, um Material und Farbgebung in Einklang zu bringen. Doch dank seiner Erfahrung mit additiver Fertigung und seinem guten Gespür schaffte PROTIQ es sogar noch schneller.
Für die Gehäuseteile wurde ein Standardmaterial in Form von Polyamid 12 gewählt, das ideale mechanische Eigenschaften aufweist und sich auch zum Beschichten und Tauchen eignet, um die gewünschte Farbgebung zu erzielen. Der Rahmen - das dekorative Gehäuse, in dem die technischen Komponenten untergebracht sind - und einige andere Kleinteile wurden von de Groot mit einem speziell für diesen Zweck entwickelten Kupfermaterial auf einer EOS M 290. "Die additive Fertigung verleiht dem Kupfer eine dichte, porenfreie Mikrostruktur. Das war wichtig, denn die Gehäuse werden poliert, und Kupfer eignet sich gut für diesen Prozess." Das Armband selbst besteht aus thermoplastischem Elastomer (TPU), was man als Glücksfall bezeichnen könnte, denn nach dem Herstellungsprozess wird das Armband eingetaucht und geglättet, um die Färbung zu erzeugen. Dadurch erhält es ein nicht ganz homogenes Aussehen und eine Haptik, die an Leder erinnert. Gomez bemerkt: "Das hat uns wirklich begeistert, und tatsächlich waren die ersten beiden LAEMON-Prototypen auf der Fashion Week ein durchschlagender Erfolg."
Ende Februar fand eine weitere Optimierungsrunde statt, bei der es um Farbgebungen für verschiedene Varianten ging. Dazu wurden die TPU-Armbänder nach ihrer Herstellung getaucht und chemisch geglättet, um die Wirkung der verschiedenen Farben zu untersuchen. "Dann haben wir mit einem RAL-Farbfächer nach geeigneten Farbtönen für das Gehäuse gesucht", erklärt de Groot. "Es hat einige Versuche gebraucht, um den violetten Farbton richtig hinzubekommen, aber jetzt sieht er toll aus."
Wie der 3D-Druck auf Reisen geht - und welchen Weg LAEMON noch vor sich hat
Nur dank der additiven Fertigung sind Projekte wie LAEMON wirtschaftlich realisierbar, was zeigt, wie wertvoll die Technologie für die Entwicklung innovativer Produkte ist. Schon ab einer Stückzahl von einem Stück ist das Verfahren wirtschaftlich, während beim klassischen Gussverfahren allein die Werkzeugkosten für alle Bauteile oft einen vier- bis fünfstelligen Betrag ausmachen. Auch komplexe Formen, wie die Hinterschneidungen im LAEMON-Rahmen, lassen sich problemlos realisieren. Hinzu kommen die schnelle Umsetzung sowie die Möglichkeit, Farben und Formen ohne großen Aufwand zu verändern. Susana Gomez sagt: "Uns war von Anfang an klar, dass wir nur mit dem 3D-Druck in die Entwicklungsphase gehen können. Unser Produkt gibt es auch in den Größen S, M, L und XL, um verschiedene Handgelenksgrößen abdecken zu können - wenn also erst einmal alles andere steht, ist die Umsetzung kein Problem."
PROTIQ arbeitet seit langem mit EOS zusammen und ist auch Mitglied des EOS Contract Manufacturing Network. Das Unternehmen nutzt zehn EOS-Maschinen, darunter FORMIGA P 110 Velocis und EOS P 396 Systeme für Kunststoffe und EOS M 290 und AMCM M 290 Systeme für Metallanwendungen. "Die Maschinen laufen reibungslos, die Bauteilqualität ist hoch und die Bedienung ist einfach - wir sind sehr zufrieden damit, ebenso wie unsere Kunden", so de Groot abschließend.
Wie geht es nun mit LAEMON weiter? Die Prototypentwicklung ist abgeschlossen, die Technologie ist ausgereift, die App ist gestartet und die Suche nach Investoren für die Zertifizierungsphase läuft bereits. Der Plan ist, rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft 2023 fertig zu sein und mit dem Verkauf zu beginnen. Aus diesem Grund wird die Zusammenarbeit mit PROTIQ fortgesetzt, da die erste Charge auf 1.000 Stück festgelegt wurde und nach einem positiven Marktstart Chargen von 2.000 bis 3.000 Stück folgen werden. "Bis dahin werden wir auf jeden Fall beim 3D-Druck bleiben, weil wir so einfach Änderungen vornehmen können". Das ist auch eine gute Nachricht für de Groot und sein Team, denn LAEMON gibt Mitarbeitern mit Kindern einen weiteren Grund zum Lächeln.
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